Verbot für ärztlich begleiteten Suizid

führt Klarheit zu einem breiten Konsens in Deutschland?

Vorweg: Kennen Sie die Antworten auf diese 5 Fragen?

  1. Wie ist Suizid gesetzlich geregelt (wer bekommt wann, wo, unter welchen Voraussetzungen, welches STM, was geschieht nach dem Tod des Suizidenten)?
  2. Was unterscheidet Sterbewillige von Suizidwilligen und von Suizidbereiten?
  3. Welche Suizidassistenzen sollen erlaubt sein – welche verboten sein?
  4. Was ist „ärztlich begleiteter Suizid“?
  5. Welche Funktion hat ein Arzt beim „ärztlich begleiteten Suizid“?

Der BGH hat im Februar 2020 den Gesetzgeber verpflichtet, Selbsttötung zu ermöglichen sowie dafür benötigte Hilfe straffrei zu stellen. Mehr als drei Jahre danach, am 6. Juli 2023 hat der Deutsche Bunde­stag zwei fraktionsübergreifende Gesetzentwürfe über eine Neuregelung der Suizidhilfe mehrheitlich zurückgewiesen.

Beide Gesetzentwürfe (A Castellucci/Heveling et alt. und B Katrin Helling-Plahr/Künast/Dr. Sitte et alt.) nehmen die primär zu lösende Kernaufgabe nur in ihre Überschrift auf: A) Sicherstellung der Freiver­antwortlichkeit der Entscheidung zur Selbsttötung bzw. B) Gesetz zur Wahrung und Durchsetzung des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende. Sie behandeln aber den Akt der Selbsttötung, die suizidwillige Person und den Umgang mit Selbsttötungsmittel (STM) zB 15 g Na-Pentobarbital nur unzureichend. Es fehlt bei beiden Entwürfen eine Suizidregelung.

Grundsatzüberlegung für eine Regelung des assistierten Suizids

Ehe eine Lösung für straffreie Hilfe zur Selbsttötung gefunden werden kann, muss klar geregelt sein:
Selbsttötung ist ein vom Gesetzgeber erlaubter und vom Staat ermöglichter Akt.

Erst danach kann eine Regelung für die straffreie Assistenz zum Suizid gesucht werden.

Ziele der Regelung
Die Ausführungen streben folgende Ziele an:

  1. Die Regelung muss dem Urteil des BGH vom 20.2.20 entsprechen.
  2. Die Regelung soll würdige Selbsttötung planbar machen
  3. Sie soll Hilfe zum Selbstmord straffrei stellen
  4. Sie soll Werbung für Selbsttötung verbieten
  5. Sie soll geschäftsmäßige Ausübung der Hilfe zur Selbsttötung unterbinden. 
  6. Sie soll gewerbsmäßige Ausübung für Geistliche zulassen.
  7. Sie soll gewerbsmäßige Ausübung für ÄrztInnen verbieten.

Suizidregelung

Jede Person muss vorab wissen dürfen welches Mittel sie wann, wo und unter welchen Voraussetzun­gen beziehen kann, wenn sie nach reiflicher Überlegung ihr Leben durch Selbsttötung beenden möchte. (Suizidplanung: Sein eigenes Lebensende selbst planen können.)

Das Recht auf selbstbestimmtes Lebensende durch Selbsttötung kann aber nie den strafrechtlichen Tatbestand “Tötung auf Verlangen” umfassen, oder auch nur erwarten lassen.

Deshalb sollte für Ärzte und Ärztinnen jegliche Beteiligung an assistierter Selbsttötung untersagt sein.

Der Gesetzgeber sollte hervorheben: Selbsttötung aus staatlicher Sicht bedeutet, sein Grundrecht auf Selbstbestimmung wahrzunehmen.

Der Staat bietet Suizidwilligen die Möglichkeit ihre Entscheidung zur Selbsttötung würdevoll und ohne bürokratische Hindernisse umzusetzen. Suizidwillige soll nicht ein Gefühl der Sünde begleiten.

Der Staat muss eine geplante und wohldurchdachte Entscheidung, sich auf „würdevolle” Art und Weise das Leben zu nehmen, ermöglichen. Aber nicht indem er ÄrztInnen die Gewissenslast der Tötung aufbürdet.

Forderungen an Suizidwillige, obwohl niemand seinen Selbstmord begründen muss

Selbstbestimmung und Autonomie eines/r Einzelnen können nur so weit gehen, dass sie nicht die Rechte einer anderen Person beschränken. Von Suizidenten darf gefordert werden, dass sie dazu beitragen, die Autonomie und die Privatsphäre von Dritten zu schützen.

Suizidwillige sollten zusichern, dass sie den Tötungsakt selbst vornehmen werden, sobald ihnen ein/das STM zur Verfügung steht. Ohne Zutun eines Dritten, jedenfalls aber ohne das Zutun eines Arztes oder einer Ärztin.

Es darf nicht dazu kommen, dass irgendjemand, der am Zustandekommen des Selbstmordes auch nur indirekt mitgewirkt hat, sich Selbstvorwürfe machen müsste oder ein schlechtes Gewissen zu haben braucht. Gemeint sind damit auch Personen, die mit der Administration von STM befasst sind.

Wer sich für die unumkehrbare Tat des Selbstmordes entschieden hat, dem ist auch zuzumuten, dass er sich mit dem Beipacktext eines STM sorgfältig auseinandersetzt.

Sprache

Weil immer öfter Grenzen verschwimmen, möchte ich vorab einige Begriffe klären und eingrenzen.

Um zu unterstreichen, dass Auslöschen von Menschenleben nicht mehr rückgängig gemacht werden kann, sollte hauptsächlich eine der beiden dafür vorhandenen deutschen Bezeichnungen “Selbst­tötung” oder “Selbstmord” verwendet werden.

Auch wenn das Wort “Selbstmord” negativ konnotiert ist – wegen der seit Jahrhunderten damit in Zusammenhang gebrachten Schuldgefühle.

Wird ein für die breite Bevölkerung selbsterklärender, verständlicher Begriff durch das Fremdwort “Suizid” ersetzt, unterstützt das ein Bagatellisieren und die Verharmlosung des Aktes der Tötung. Es verleitet auch bewusst oder unbewusst zur Täuschung.

„Assistierter Suizid“ wird gerne als „Sterbehilfe“ bezeichnet, obwohl Hilfestellung (Assistenz) bei der Selbsttötung weder in eine der drei Arten von Sterbehilfe noch unter Töten auf Verlangen fällt.

Das Wort “Freitod” wiederum bringt gar Bewunderung für Selbsttötung zum Ausdruck.

Es wäre zu verlangen, dass sprachlich stets eine scharfe Grenze zwischen straffreier Selbsttötung und der Hilfe zum Selbstmord auf der einen Seite, und dem strafrechtlich relevanten Tatbestand Tötung auf Verlangen bzw. der aktiven Sterbehilfe auf der anderen Seite gezogen werden muss, u.zw. sowohl in Medien als auch bei Ankündigungen, z.B. ob eine Institution Hilfe bei Selbsttötung zulässt, anbietet oder in ihrem Haus verbietet.

Es ist für die Debatte aber auch für die Zukunft unserer Gesellschaft nicht von Vorteil, wenn schwam­mige Begriffe wie “Sterbehilfe” ohne nähere Bezeichnung, „Sterbehilfeorganisationen“ oder “ärztlich begleiteter Suizid” wichtige Grenzen verwässern.

Wunsch zu sterben – sterbewillig – suizidwillig 

Der Wunsch zu sterben

Es gibt unheilbar Kranke, die immer wieder ihren Sterbewunsch artikulieren, und letztlich den Palliativ­mediziner bitten, doch noch alle Maßnahmen zu ergreifen, um sie am Leben zu erhalten. Je näher der „Vollzug“ rückt, desto eher verwerfen solch unheilbar Kranke ihren zuvor artikulierten Wunsch zu sterben.

Der Wunsch (schon endlich) sterben zu wollen

Diesen Wunsch äußern meist Hochaltrige, eventuell im Alter geschwächte Personen. Sie erzählen ein erfülltes Leben gehabt zu haben, leiden derzeit keine nennenswerten oder erheblichen Schmerzen, und sie haben kaum kognitiven Defizite. Ihnen steht es frei, ärztlich empfohlene Behandlung abzulehnen.

Der Wunsch sterben zu dürfen

Diesen Wunsch haben leidende Betagte, chronisch Kranke oder unheilbar Kranke, bei denen keine kognitiven Defizite bestehen. Für diese Personen empfiehlt sich Palliativmedizin.

Der Wunsch tot zu sein. Kann auf eine psychische Störung hinweisen. Empfehlung: Suizidprävention in Anspruch nehmen.

Der Wunsch sich töten zu wollen (Suizidalität). Empfehlung: Suizidprävention in Anspruch nehmen

Der Wunsch nach straffreier Sterbehilfe. Das ist ein Debattenbeitrag von Personen, die mit der Materie nicht wirklich vertraut sind. Sie sollten sich mit den unterschiedlichen Begriffen von aktiver, passiver, indirekter Sterbehilfe, Sterbebegleitung und Tötung auf Verlangen auseinander setzen.

Der Wunsch zu sterben bedeutet also nicht zwangsläufig, dass jemand gewillt ist zu sterben und noch weniger, dass die Person zur Selbsttötunggewillt oder bereit wäre. Die Zielgruppe auf welche die neue Regelung des assistierten Suizids abzielt, kann aber nur Personen umfassen, die anderen bei ihrer Selbsttötung behilflich sein möchten.

Weil das Urteil wohl nicht den Weg zu straffreier aktiver Sterbehilfe öffnen sollte, können sich die Ausführungen des BGH zum selbstbestimmten Sterben nur auf Suizid beziehen.

alleine lassen

Sterbewillige sollen nicht alleine gelassen werden. Sie sollen Hilfe im Rahmen der Suizidprävention bekommen.

Selbsttötungswilligen und zum Selbstmord bereiten Personen wiederum darf die Umsetzung ihres Grundrechts auf Selbstbestimmung nicht durch bürokratische Hürden erschwert oder gar verwehrt werden. Aber: Ja, jede Person, die das STM auf dem Nachttisch stehen hat, soll und muss sich – solange und weil sie dazu fähig ist – jeden Abend und jeden Morgen neuerlich mit ihrer höchstper­sönlichen Entscheidung auseinandersetzen, ob sie ihr Leben beendet oder nicht.

würdevoll

Der BGH hat offengelassen, was unter “würdevoll” zu verstehen ist. Die neue Regelung wird auch diesbezüglich näher ausführen müssen, andernfalls könnte jede Person selbst entscheiden, was für sie “würdevoll” bedeutet.

Wenn der Selbstmord sicher, rasch, schmerzfrei und unblutig erfolgen soll, und dass Suizidwillige dafür bei Bedarf auch Hilfe in Anspruch nehmen können, dann kann würdevolle Selbsttötung nur mit einem legalen STM umgesetzt werden, welches der Staat zur Verfügung stellt.

Begriffe

suizidwillige Person – Die Planung sich töten zu wollen

ist eine grundsätzliche, persönliche Entscheidung, die für die ferne oder für die nahe Zukunft gefällt wurde, unter Einbeziehen der eigenen ethischen, philosophischen und theologischen Einstellung. Idealerweise soll sie in gesunden Tagen, völlig stressfrei, ohne Anlass und für die ferne Zukunft getroffen werden. Sie sollte beinhalten in welcher Situation die betroffene Person bereit ist, ihr Leben durch Selbsttötung zu beenden. (ZB unheilbar krank und abgemagert, nach einer oder mehreren Chemotherapien/Bestrahlungen, oder zB bei einem metastasierenden Karzinom, oder zB bei einem inoperablen wesensverändernden Hirntumor, oder zB als bettlägeriger chronisch Kranker, oder als Schmerzen Leidender, oder wenn sie zB die Diagnose Mb. Alzheimer erhält, oder wenn zB eine Colostomie angelegt wurde, die nicht mehr rückoperiert werden kann, oder …)

Die dokumentierte grundsätzliche Entscheidung von selbstmordwilligen Personen sollte in Österreich für die Errichtung einer Sterbeverfügung in der terminalen Phase (§ 3 Z8 StVfG) nützlich sein. Sterbewillige Person lt. StVfG § 3 2.

suizidbereite Person – Die Bereitschaft sich töten zu wollen

ist bei einer suizidwilligen Person gegeben, wenn eine in der Planung beschriebene Situation oder eine für sie gleichwertige Situation eingetreten ist.

„Nur wer bereit ist an sich selbst Hand anzulegen, sei auch entscheidungsreif in seinem Wunsch zu sterben“ (Ulrich Schroth in Borasio G.D., selbst bestimmt sterben, S 64, dtv München, 2016).

Selbsttötungsmittel (STM)

Mittel zur Selbsttötung, Selbsttötungsmittel (STM) sind keine Medikamente, sondern giftige, weil tödliche Präparate. Sie stehen in einer Darreichungsform zur Verfügung, die jede vernünftige, erwachsene Person selbst zubereiten kann.

Selbsttötungsmittel: z.B. 15 g Na Pentobarbital, wasserlöslich, in Einzeldosis abgepackt, inklusive gedruckte Anleitung für: Zubereitung, Einnahme und Wirkung(seintritt), sowie Procedere das Assis­tenten hernach einzuleiten haben (Rückstellen der Verpackung, Totenbeschauarzt, Abholung des/der Verstorbenen durch ein Bestattungsinstitut, etc.) 15 g Na-Pentobarbital ist eine Dosis letalis

Um dem BGH-Urteil gerecht zu werden, sollte der Staat ein für jede Person sicher wirksames STM in Verkehr bringen oder für den Gebrauch zulassen. Das ist dem Staat vorbehalten, weshalb auch der Import von STM untersagt bleiben muss (vgl. OGH …. 10.8.23).

Dass ÄrztInnen ein STM verordnen sollten, widerspricht jeglichem ethischen Grundprinzip.

Ein für jede Person sicher wirksames STM ist auch nicht durch off-label Verordnung eines Medikaments oder durch tödliche Überdosierung zu ersetzen. Beides ist ÄrztInnen verboten.

Schutz von Leben

Der Entschluss Selbstmord begehen zu wollen muss autonom, selbstbestimmt, frei von Zwang oder Irrtum und nachhaltig sein. Der Gruppe von wohlbedacht Suizidwilligen obliegt der Nachweis, damit sie als Suizidbereite ein STM zugeteilt bekommen. Übergangsfrist.

Eine über mehrere Jahre hindurch belegte und erneuerte Dokumentation beweist die Entschlossenheit zur wohlüberlegten Selbsttötung.

Dem Staat kommt die wichtige Aufgabe zu, das Leben seiner Bürger bestmöglich zu schützen. Deshalb setzt das in Verkehr bringen eines STMs voraus, den Missbrauch einer solchen Substanz weitestge­hend zu verhindern.

Selbstmord mittels zugelassenem STM sollte nicht aus vorübergehender Verzweiflung und auch nicht aus dem Affekt heraus möglich sein. Begutachtung durch FÄ f. Psychiatrie. Suizidpräventive Maßnah­men. Fristen vor Herausgabe eines STM an eine suizidwillige Person. Wer beantragt ein STM, wo, unter welchen Voraussetzungen und mit welcher Dokumentation.

Will der Gesetzgeber erreichen, dass so wenig wie möglich Suizide begangen werden, sollte das Recht auf natürliches Sterben gestärkt werden, indem Unterdrücken einer Patientenverfügung und Nichtbefolgen ihres Inhaltes mit Sanktionen belegt wird.

Allgemeines (Antworten auf folgende Fragen)

  • Wie wird der Zugang zu einem STM administriert? (Antrag bei Behörde? Ausfolgung über Apotheke?)
  • Wo wird das STM bis zum Abruf durch einen Suizidwilligen aufbewahrt/gelagert? (zentral, dezentral)
  • Wer darf unter welchen Voraussetzungen das Ausfolgen eines STMs beantragen?
  • Wie ist das Ausfolgen und Verwenden des STMs zu dokumentieren?
  • Was geschieht mit einem behobenen, aber nicht verwendeten STM?
  • Wie hoch sind die Herstellungskosten für ein STM?
  • Wie hoch ist der Verwaltungsaufwand für Verwahren, Ausfolgen und Dokumentation der Verwendung eines STMs?
  • Sollen Suizidwillige für den Verwaltungsaufwand selbst aufkommen müssen?

Suizid-Regelung für zwei Personengruppen

Eine Gruppe betrifft suizidbereite Personen, die im Rahmen der Beantragung des STM nachweisen können, dass sie sich schon vor und seit langer Zeit wohlbedacht dafür entschlossen haben ihr Leben in bestim­mten Situationen durch Selbstmord zu beenden und diesen Entschluss immer wieder erneuert haben. Eine ohne Anlass, im Voraus geplante Umsetzung des Grundrechts auf Selbstbestimmung, für den Fall, dass eine bestimmte Situation eintreten wird. Anmerkung: Das ist mit einer App zu bewerkstelligen, die einer Patientenverfügung gleicht, wo der Wille jährlich erneuert wird. Diese Gruppe umfasst zwei­felsfrei urteils-, einsichts- und entscheidungsfähige Hochbetagte (einsame, „die ihr Leben gelebt haben“, die niemandem zur Last fallen wollen) und leidende unheilbar Kranke.

Zur anderen Gruppe zählen sterbewillige Personen, die sich in einer (sozialen, psychischen, finanziellen, familiären, oder gesundheitlichen) Stresssituation befinden, oder die an einer psychiatrischen Erkrankung leiden. Auch dieser Personengruppe hat der BGH das Grundrecht auf Selbstbestimmung ihres Todes nicht abgesprochen. (Suizidprävention, Beratung, und Wartefristen sind angezeigt und gerechtfertigt.)

Suizidregelung als erster Schritt

Will der Gesetzgeber eine notwendige und saubere Trennung zwischen straffreier Beihilfe zur Selbst­tötung und strafbarer Sterbehilfe bewahren, dann ist zuerst eine legale und praktikable Lösung für die autonome und würdevolle Selbsttötung zu schaffen (welches Tötungsmittel darf wann, von wem, wo und unter welchen Voraussetzungen bestellt/bezogen/eingesetzt werden).

Erst danach kann eine Lösung für straffreie Beihilfe zur Selbsttötung gesucht werden (wer darf welche Beihilfe leisten).

In der Debatte um Hilfe bei Selbsttötung geht es dann nicht mehr um das Recht, seinem Leben   selbst   ein Ende zu setzen, sondern darum, welche Hilfe für die Selbsttötung straffrei in Anspruch genommen werden darf.

Zum Schluss kann darüber diskutiert werden, inwiefern ärztliche Assistenz überhaupt notwendig ist. Ob damit von ÄrztInnen stillschweigend Tötung auf Verlangen erwartet wird, und ob ihnen dieses Werkzeug straffrei in die Hand gelegt werden soll.

Assistierter Suizid – Hilfe bei Selbsttötung

Assistierter Suizid ist Hilfestellung (Assistenz) bei der Selbsttötung und fällt weder in eine der drei Arten von Sterbehilfe noch unter Töten auf Verlangen (Aktive Sterbehilfe = unverlangtes Töten; Passive Sterbehilfe = verlangtes Unterlassen von lebenserhaltenden Maßnahmen; Indirekte Sterbehilfe = Inkaufnehmen, dass infolge einer Therapie der Tod vorzeitig eintreten kann).

Erlaubte Assistenzen sollte das Gesetz taxativ aufzählen: z.B. Herbeischaffen oder Zubereiten (und Verabreichen?) des STM, wenn dies der zur Selbsttötung bereiten Person funktionell nicht (mehr) möglich ist; oder Begleiten zu einem Ort, wo die selbsttötungswillige Person ihren Selbstmord vollbringen möchte; oder wenn die Person während des Selbsttötungsaktes durch An- und Zugehörige oder durch Geistliche seelischen Beistand wünscht; Rückstellen von nicht verbrauchtem STM etc.

Hier kann Politik unterschiedliche Anschauungen und Maßnahmen einfließen lassen. Schließlich können dann gewerbs- bzw. geschäftsmäßiges Verbot ebenso wie ein Werbeverbot bestehen bleiben.

Ärztlich begleiteter Suizid

„Ärztlich begleiteter Suizid” ist ein nicht definierter Begriff, der aber nicht gleichzusetzen ist mit „assistiertem Suizid“.

Die Bezeichnung „ärztlich begleiteter Suizid“ beschreibt nicht, welche Funktion bzw. Aufgabe ein Arzt oder eine Ärztin bei Begleitung der Selbsttötung hätte. Dafür lässt er aber fälschlicher Weise erwarten, dass der Arzt oder die Ärztin „das Töten erledigt“.

Eine gesetzlich verankerte Zusicherung, dass niemand zu Suizid-Assistenz gezwungen werden könne, reicht nicht aus, wenn Suizid-Assistenz für ÄrztInnen nicht gesetzlich verboten ist.

Verbot für ÄrztInnen zur Teilnahme am Suizid im Rahmen der Berufsausübung, denn das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben/selbstbestimmten Tod darf niemals den strafrechtlichen Tatbestand “Tötung auf Verlangen” erwarten lassen oder gar umfassen.

Niemandem darf die Herrschaft über das Leben eines anderen Menschen übertragen werden. Schon gar nicht Ärztinnen und Ärzten.

Weil in der Praxis nicht eindeutig zu unterscheiden ist, ob ein Arzt Hilfe zum Suizid geleistet hat oder ob er den strafrechtlichen Strafbestand Tötung auf Verlangen begangen hat, soll für ÄrztInnen in Ausübung ihres Berufes das strafrechtlich relevante Delikt “assistierter Suizid” (§217 StGB) aufrecht bleiben.

Die Geschichte hat gezeigt, dass genügend Ärztinnen und Ärzte ihren erlernten Beruf in den Dienst von Systemen stellen, die der Menschheit unwürdig sind.

In meinem Beitrag „Selbstbestimmung am Lebensende – Sterbehilfe aus ärztlicher Sicht“ (Österreichi­sche Richterzeitung 01-02/21, S 19), wie auch in meinem Beitrag zum Dialogforum Sterbehilfe in Österreich führe ich aus, dass Ärzte in keiner Weise an Beihilfe zur Selbsttötung involviert sein dürfen.

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