Ich vertrete die Meinung, dass kein Mensch, nicht wir Ärzte aber auch nicht der Patient selbst das Lebensende herbeiführen darf. Weiters liegt Folgendes in meinem Verständnis: So wie Menschen keinen Lebensbeginn bestimmen können, dürfen Menschen auch ein Lebensende nicht bestimmen – auch nicht das eigene Lebensende.
„Selbstbestimmendes Lebensende“
Tötung eines Menschen kann im westlichen Kulturkreis nicht bejaht werden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Tötung durch einen anderen erfolgt oder durch Selbsttötung. Welcher Mensch, welcher Arzt oder welcher Richter hat das Recht zu beurteilen, ob und wann Selbsttötung legitim wäre? Wenn also Sterbehilfe (als Mittel zu selbstbestimmendem Lebensende) legitimiert wird, müsste der Gesetzgeber meines Erachtens bei legitimierter Selbsttötung gleichzeitig eine Instanz zur Verfügung stellen, bei der man die Hilfe zur Selbsttötung „abholen“ oder einfordern kann. Wer sich umbringen möchte, dem wird es wohl auch selbst gelingen. Aber einen Arzt anzurufen oder gar gesetzlich zu verpflichten jemandem bei seinem Suizid zu helfen, ist bewusste Missachtung der persönlichen Werte eines Arztes und Missbrauch der Aufgaben seines Berufes.
Der Auftrag an den Arzt bzw. an die Medizin lautet, das Leid des Schwerstkranken zu lindern. Der Auftrag kann niemals lauten das Leid oder das Leiden durch Auslöschen des Lebens des Leidenden zu beenden.
„gutes Sterben“
Das Sterben eines Menschen ist für die Zurückgelassenen niemals etwas Gutes. Es sind aber immer nur die Hinterbliebenen, die das Sterben beurteilen. (vgl. den Arzt zum Schuldigen für das Ableben des Patienten machen)
Wir wissen nicht, wie ein Mensch das Sterben empfindet. Wohl aber wissen wir um die angenehm empfundene (Schmerzen stillende, Angst lösende, Schlaf induzierende und schöne Träume verursachende) Wirkung von hochpotenten Medikamenten. Es zählt zu den Aufgaben der Palliativmediziner, die verschiedenen Substanzen zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Dosierung einzusetzen. Den tatsächlichen Eintritt des Ablebens – zwar unter dem Einfluss solcher Substanzen, aber – immer noch der Natur zu überlassen, ist weit entfernt von gesetzlich verbotener Tötung.
Aus Erfahrung weiß ich, dass es keiner Tötung bedarf, um Hochbetagten und unheilbar Kranken Angst, Schmerzen und Leiden zu nehmen.
Heute werden auch alte, kranke Menschen mittels moderner Hochleistungsmedizin „versorgt“, weil Ärzte von „Heilung als den einzigen medizinischen Erfolg“ geleitet sind. Man braucht aber kein Mediziner zu sein, um zu wissen, dass viele Veränderungen bei alten Menschen nicht mehr heilbar sind. Wenn also ein alter Mensch stirbt, hat nicht der Arzt versagt. Ebenso ist es auch kein Erfolg des Arztes wenn ihm Lebensverlängerung oder qualvolle Sterbensverzögerung gelingt. Lebenserhaltung um jeden Preis anzustreben, ohne dabei auf den leidenden Patienten zu achten, sehe ich als Quälen von Wehrlosen bei gleichzeitigem Unterlassen von Hilfeleistung.
Aus meiner Sicht ist es (palliativ)medizinisch dann ein Erfolg, wenn der Hochbetagte schmerz- und angstfrei einschlafen = sterben kann.
Hier zu Diskutierendes bezieht sich auf das Lebensende von geriatrischen Patienten und ist nicht vergleichbar mit – und nicht anwendbar bei – drohendem Tod von jüngeren Menschen infolge Unfall oder Krankheit.
Tipp: Machen Sie rechtzeitig eine Patientenverfügung