Beschwerden schildern – nicht Diagnosen nennen (die man irgendwo gehört hat)
Oft kommen Patienten oder Angehörige zum Arzt und präsentieren eine Diagnose anstatt ihre Beschwerden zu schildern. Man hört z. B.: „Der Blutdruck macht Probleme“, „ich habe es mit der WS“, „mein Knie ist kaputt“, „ich habe Inkontinenz“ usw.
Sie fragen sich was denn falsch daran sei?! Nun, auch wenn im Röntgen schon vor Jahren festgestellt wurde, dass im Kniegelenk Abnützungserscheinungen sichtbar sind (die mitgebrachte Diagnose also nicht nur stimmt, sondern sogar röntgenologisch bestätigt ist) so könnten die Knieschmerzen diesmal andere Gründe haben; z. B. Veränderungen im Hüftgelenk deren Schmerzen ins Knie ausstrahlen. Doch welche Veranlassung hätte der jetzt konsultierte (ohnehin unter Zeitdruck stehende) Arzt zusätzlich auch ein Hüftröntgen machen zu lassen? Der Patient selbst sagt ja schon, dass das Kniegelenk „kaputt“ ist. Der Patient wird also wegen des „kaputten Knies“ nochmals zum Knie-Röntgen geschickt, um auch jetzt eine handfeste Begründung für die Schmerzen zu haben. Vielleicht lässt sich sogar eine weitere Verschlechterung gegenüber der letzten Röntgenuntersuchung feststellen und … ein „verbrauchtes“ Gelenk bietet eben Grund genug für Schmerzen.
Laien, die dem Arzt ihre vermeintliche(n) Diagnose(n) präsentieren, machen den gleichen Fehler wie Ärzte, wenn sie eine Diagnose zu früh stellen, also durch Behandlung von Symptomen verhindern, dass sich das wahre Krankheitsbild deutlich entwickelt. Sowohl beim „Mitbringen der Diagnose“ wie auch bei zu rascher Symptomausschaltung durch den Arzt; in beiden Fällen besteht eigentlich noch die Situation der Ungewissheit, die nicht verschleiert werden darf. Wohl aber soll der Zustand durch einen Arzt wachsam begleitet werden, um abwendbar gefährliche Verläufe zu erkennen und zu verhindern.
Besser ist es daher, dass Patienten (Angehörige) dem Arzt die Beschwerden mit eigenen Worten so beschreiben wie sie empfunden werden und hinzeigen: z. B. mich sticht es hier, ich habe hier gelegentlich einen Druck, ein Ziehen, ein Brennen, ein Zucken … und ähnliche, beschreibende Formulierungen. (vgl. „sich auf den Arztbesuch vorbereiten)
Tipp: Sie sollten Ihrem Arzt vertrauen und ihn nicht mit „Vorschlägen“ unterstützen wollen. Wenn Sie an seinem Können zweifeln, ist es für beide Seiten besser, dass Sie ihn gar nicht erst konsultierten, sondern Sie sollten sich einen Arzt suchen, dem Sie uneingeschränkt vertrauen.
Bei allem Verständnis dafür, dass es – und gerade weil es – um Ihre Gesundheit und um Ihren Körper geht – nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Sie jedem noch so „schlechten“ Arzt in medizinischem Wissen und in medizinischer Erfahrung nicht ebenbürtig sind. Überlassen Sie Diagnostik, Ursachensuche und Therapie einem Arzt.