Patientenverfügung und Beratung

Das österreichische Patientenverfügungs-Gesetz schreibt vor, dass einer „verbindlichen“ Patientenverfügung eine ärztliche und eine juristische Beratung/Aufklärung vorausgegangen sein muss.

Was heißt „verbindlich“?

Wie verbindlich kann ein Dokument sein, wenn das Gesetz keine Sanktion für den Fall vorsieht, dass der Inhalt des Dokuments nicht befolgt wird? Keine Sanktion für Angehörige, keine Sanktion für Ärzte und auch keine Sanktion für Erwachsenenvertreter.

Dem Gesunden, der sein Selbstbestimmungsrecht auch dann wahrnehmen möchte, wenn er eine medizinische Behandlung selbst nicht mehr wird ablehnen können, wird durch den Begriff „verbindlich“ vorgetäuscht, dass er jetzt ein Dokument verfasst hätte, auf welches er sich verbindlich verlassen könnte. Dem ist aber bei Weitem nicht so. Wenn nämlich der behandelnde Arzt meint, dass der Patient – aus welchem Grund auch immer – noch nicht sterben darf, dann braucht er nur zu behaupten, dass die in der Patientenverfügung beschriebene Situation nicht mit jener des Patienten übereinstimmt. Jetzt kann er so behandeln wie er es als Arzt für richtig findet, und er muss sich nicht mehr an den Patientenwillen halten. Selbst wenn auch ein Vorsorgebevollmächtigter bestimmt war, kann dieser nur einen gerichtlichen Streit mit dem behandelnden Arzt beginnen. Und das ein solcher lange dauern kann, das weiß wohl jeder.

In der Praxis ist zumindest für die Umsetzung einer Patientenverfügung kein erkennbarer Unterschied zwischen „verbindlicher“ und „beachtlicher“ Patientenverfügung festzustellen – außer, dass sowohl das Errichten als auch das Erneuern der verbindlichen Patientenverfügung jeweils mit Kosten verbunden ist.

ärztliche und juristische Beratung

Wozu muss ich mir – überspitzt formuliert – von einem Dritten erklären lassen, wann sich Ärzte um mein Leben bemühen sollen, oder wann Ärzte die weitere Entwicklung meines Gesundheitszustandes der Natur überlassen sollen?

Oder anders gefragt: Welcher Arzt oder welcher Jurist soll mir erklären, ob bzw. wann ich unwidersprochen zulassen soll, dass Ärzte mein Lebensende künstlich hinauszögern. Oder sollen sie mich darüber aufklären, weshalb ich noch unzählige, belastende, meist sinnlose Untersuchungen und Behandlungen, über mich ergehen lassen soll, anstatt lieber gleich sterben zu dürfen?

Fazit

Es bleibt niemandem erspart, sich selbst zu überlegen und zu formulieren, welche Wünsche er für sein Lebensende hat. Diese Wünsche und Vorstellungen sollten mit vorsorgebevollmächtigten Angehörigen oder Zugehörigen besprochen sein und auch in schriftlicher Form vorliegen. Ich habe die Reihenfolge bewusst so gewählt: Angehörige sollten vom Gesunden, Betroffenen selbst erfahren haben, was er möchte und was nicht, was sie für ihn tun sollen, und was sie unterlassen mögen. Erst danach ist die Schriftform notwendig, damit sie sich nicht vor dem Strafrichter wegen unterlassener Hilfeleistung rechtfertigen müssen – sofern sie seinen Wünschen nachgekommen sind, den Patientenwillen erfüllt haben und er in Ruhe sterben durfte.

Erneuerung einer Patientenverfügung

Nach dem österreichischen PatVG (§ 7 Abs.1) muss eine verbindliche Patientenverfügung alle 5 Jahre erneuert werden. Auch hierfür ist wieder ärztliche Aufklärung/Beratung schriftlich nachzuweisen und die Errichtung hat vor einem rechtskundigen Patientenvertreter zu erfolgen.

Ich halte die vom Deutschen Bundesministerium für Justiz ausgegebene Empfehlung – seine Patientenverfügung alljährlich einmal zu erneuern und zu aktualisieren – für weitaus effektiver. (vgl. Blogbeitrag: Patientenverfügung erneuern)

So wie beim Errichten, sollte sich der Betroffene auch beim Erneuern der Patientenverfügung zwischen seiner persönlichen Lebensqualität und seiner Lebensdauer entscheiden. Dabei sollte er es nicht bei seinem Gefühl belassen, sondern herausfinden welche persönlichen Gründe ihn zu seiner überzeugten Meinung bringen. Den derart gefestigten Willen sollte er alljährlich zumindest einmal mit Vorsorgebevollmächtigten besprechen, sodass er selbst – aber wenn notwendig auch sein Rechtsvertreter – gegenüber dem paternalistischen Verhalten eines Arztes standhaft bleiben kann.