Erfolgs-Chancen der Pflegegeld-Klage

Wenn Sie einen abschlägigen Bescheid bekommen haben, stellt sich die grundsätzliche Frage: klagen? Ja oder Nein. https://www.pflegestufen.at/klage/

Über die Pflegestufe entscheiden immer JuristInnen und nicht ÄrztInnen, sowohl beim Entscheidungsträger (z.B. PVA, SVA etc.) als auch bei Gericht. Allerdings brauchen JuristInnen ein medizinisches Gutachten als Entscheidungsgrundlage. Dieses stammt beim Entscheidungsträger von ErstgutachterInnen oder von OberbegutachterInnen. Im Gerichtsverfahren holen RichterInnen neue Einstufungsgutachten ein.

Gegen die Klage spricht: Während eines laufenden Verfahrens kann auch bei massiver Verschlechterung kein neuer Antrag gestellt werden. Die Klage zurückziehen zu müssen, oder ein negatives Urteil zu bekommen ist auch nicht angenehm. Eine Klage ist im Pflegegeldakt vermerkt und kann für PflegegeldwerberInnen künftig negative Auswirkungen haben.

Für die Klage spricht: Die Klage ist kostenlos, sehr einfach einzubringen und man braucht dafür keinen Anwalt. Seit über 10 Jahren haben mehr als 50 % der Pflegegeldklagen bei Gericht eine höhere Einstufung bekommen als im Bescheid der PVA. Aber Vorsicht, “gewusst wann, wie und warum”. Zwar kann niemand voraussehen, ob eine Klage Erfolg haben wird oder nicht, aber mit einigem Wissen und Erfahrung lassen sich die Erfolgschancen einer Pflegegeldklage abschätzen.

Allgemein: Jeder Pflegegeldbescheid enthält eine Rechtsmittelbelehrung. Daraus entnimmt man die Einspruchsfrist und ersieht man auch wie einfach es ist, gegen den Bescheid zu klagen. Der Einspruch gegen einen Bescheid braucht keine Begründung, weil bei Gericht ohnehin ein neues Verfahren beginnt. Hier geht es aber nicht darum, warum der Entscheidungsträger wie entschieden hat.

Generell kann man sich also die Mühe sparen penibel aufzulisten, was ErstgutachterInnen alles unberücksichtigt gelassen haben, weil das Gericht infolge einer Klage immer ein völlig neues Einstufungsverfahren eröffnet. Das Gericht bestimmt eine/n neue/n GutachterIn und alles beginnt von vorne.

Bei Pflegestufe 1 und 2 kann man vielleicht noch hoffen, dass GerichtsgutachterInnen den Pflegebedarf großzügiger bemessen, als das GutachterInnen für die PVA gemacht haben und deshalb eine höhere Pflegestufe zusprechen. Aber je höher die beeinspruchte Pflegestufe ist, desto eher wird eine Klage nur unter zwei Voraussetzungen Erfolg haben:

Erstens, das ursprüngliche Einstufungsgutachten ist nachweislich fehlerhaft, und zweitens schon in der Klage wird auf vorhandene Fehler hingewiesen, damit sie der/die GerichtsgutachterIn nicht übersieht bzw. wiederholt. Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass GerichtsgutachterInnen Fehler übernehmen, die ErstgutachterInnen gemacht haben, von OberbegutachterInnen bestätigt wurden und auf die in der Klage nicht ausdrücklich hingewiesen wurde.

Vor Beurteilung der Erfolgschance Immer auch Einstufungsgutachten prüfen

Bevor ich meine Meinung abgebe ob eine Klage Erfolg haben kann oder nicht, prüfe ich neben Analyse der Antworten am Pflegestufenrechner immer auch das Gutachten, auf welches sich der Pflegegeldbescheid gründet. Folgende Fehler können in Gutachten vorkommen: z.B. Rechenfehler, Übertragungsfehler, falsche Beurteilung des Pflegebedarfs (Einstufungsver­ordnung), ein Gutachten kann unvollständig sein, unschlüssig sein oder das Gesetz (BPGG) falsch auslegen. Schließlich müssen im Gutachten beschriebene Diagnosen, Beschwerden und Therapien zusammenpassen.

Nach dem 15. Lebensjahr werden Kinder vom Entscheidungsträger als „Erwachsene“ eingestuft. Weil es dabei meist um hohe Pflegestufen geht, die voraussichtlich auch noch über lange Zeiträume bezahlt werden müssen, finden sich in Gutachten oft Fehler wie Unschlüssigkeit, oder falsche, weil regelrecht gesetzeswidrig, zu niedrige Einstufungen. Aber auch absurde willkürliche Streichung von Pflegebedarf durch OberbegutachterInnnen konnte festgestellt werden, was natürlich zu ungerechter Kürzung der Pflegestufe führt.

Neben Fehlern lassen sich aber oft auch andere Dinge aus Gutachten herauslesen. Wenn PflegegeldwerberInnen oder deren Angehörige Funktionseinschränkungen bzw. Pflegebedarf in einem Ausmaß beschreiben, das objektiv nicht nach­vollziehbar ist, dann finden sich z.B. geprüfte und beschriebene Funktionen, die belegen, dass vom Pflegegeldwerber behauptete Einschränkungen nicht existieren. Gelegentlich sind in Gutachten auch Widersprüche des Pflegegeldwerbers dokumentiert, was seine Glaubwürdigkeit im Gerichtsverfahren schmälert.

Um Erfolgs-Chancen der Pflegegeld-Klage einzuschätzen, braucht es Wissen und Erfahrung einer/s GutachterIn. Unterstützung sowohl bei der Entscheidung ob man gegen einen abschlägigen Bescheid eher klagen soll oder nicht, als auch beim Einbringen der Klage erhalten Sie über meine Plattform pflegestufen.at.

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