Ist es wirklich ein „entweder“ „oder“? Ja, über medizinische Behandlung entscheidet entweder der Arzt oder der Patient. Es kommt aber darauf an, über welchen Teil der Behandlung entschieden wird.
Die Frage, ob eine Behandlung medizinisch richtig oder falsch ist bzw. welche Maßnahme (Untersuchung, Medikament, Operation etc.) zum Einsatz kommt – das entscheidet, nach objektiven Kriterien, immer der Arzt, der auch die Verantwortung dafür trägt. Die Indikation für eine Maßnahme bestimmt er aufgrund von medizinischem Wissen gepaart mit ärztlicher Erfahrung, die er schon seit seiner Ausbildung sammelt. Voraussetzungen, die der Patient nicht mitbringt.
Ob der ärztliche Rat aber befolgt oder abgelehnt wird, das entscheidet (indem er sein Selbstbestimmungsrecht wahrnimmt), nach subjektiven Kriterien, immer der Patient, der natürlich auch die Verantwortung für seine persönliche Entscheidung zu tragen hat. Der aufgeklärte, mündige Patient entscheidet aufgrund seiner Biographie und der Gesamtheit seiner Erfahrungen, die er im Leben gemacht hat. Voraussetzungen, die wiederum der Arzt nicht hat. Tagtäglich lehnen Millionen von Patienten ärztlichen Rat ab, z.B. wenn er lautet: Alkohol-, Nikotin- oder Drogenabstinenz, Reduktion von Übergewicht, Vermeiden von Sonneneinwirkung, ausgewogene Ernährung, gesunder Lebensstil, Stressabbau, Gesundenuntersuchung, Routinekontrolle wie Mammographie oder beim Urologen, wenn das verordnete Medikament zwar besorgt, aber nicht geschluckt wird, aber auch Impfverweigerer lehnen ärztlichen Rat bewusst ab. Bis auf ganz wenige Ausnahmen darf auch niemand gegen seinen Willen zu einer Therapie gezwungen werden.
Deshalb entscheidet nur entweder der Arzt oder der Patient. Es kann also gar keine gemeinsam getroffene Entscheidung geben. Insbesondere dann nicht, wenn sich Patientenwille und medizinischer Sachverstand diametral gegenüber stehen, wie das z.B. bei einer Patientenverfügung der Fall ist (anderenfalls es ja keiner Patientenverfügung bedarf).