Ein spontan geäußerter Wunsch wie „ich will nicht fort von zuhause“, „ich will zuhause sterben“ oder „ich gehe nicht ins Pflegeheim“ ist meist irrational; und zwar sowohl was dessen Begründung betrifft, als auch was dessen Umsetzbarkeit anlangt. Wie aber mit wohl überlegten, derartigen Wünschen umzugehen ist, diskutiere ich im Artikel „Patientenautonomie“.
Fast alle Menschen müssen in ihren letzten Lebensjahren mehrmals ins Spital, wobei die Intervalle zwischen den Krankenhausaufenthalten immer kürzer werden. Die Frage nach der Notwendigkeit dieser Spitalseinweisungen erscheint aber ebenso gerechtfertigt wie die Frage nach deren Rechtmäßigkeit.
Eine Spitalseinweisung birgt immer Risiken in sich: z. B. dass der alte Mensch infolge der Umweltveränderung (fremde Menschen, ihm unbekannte Umgebung) in einen behandlungsbedürftigen Zustand der Verwirrtheit (Durchgangssyndrom) gerät; dass er im Krankenhaus einen Spitalskeim bekommt; sich am kalten Röntgentisch „verkühlt“; wegen Orientierungsstörung zu Sturz kommt; dass er unnötige Untersuchungen über sich ergehen lassen muss, die wegen des Gesamtgesundheitszustandes meist ohne medizinische Konsequenz bleiben; oder dass er wegen Verordnungsroutine der Spitalsärzte „nur“ andere Medikamente bekommt.
Um herauszufinden, ob die Spitalseinweisung notwendig ist, sollten Patienten wie Angehörige sich selbst aber auch den einweisenden Ärzten diese Frage stellen: Welche Therapie ist im Spital möglich, die daheim oder im Altersheim nicht gemacht werden könnte und bringt dem Patienten gleichzeitig eine merkliche und nachhaltige Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes?
Ein alter Mensch muss nicht ins Spital gebracht werden, um dort ein Lungenröntgen machen zu können, womit eine Lungenentzündung ausgeschlossen oder bestätigt wird. Ist die Lungenentzündung mit dem Stethoskop (auskultatorisch) zu hören, so ist die Diagnose damit ja auch schon gestellt. Hört der Arzt aber keine Lungenentzündung, so ist der alte Mensch trotzdem prophylaktisch mit einem Antibiotikum abzuschirmen. Ebenso ist eine Wasseransammlung in der Lunge durch Auskultation und Perkussion („abklopfen“) zu diagnostizieren. Auch hier ist kein Spital notwendig, um die konservative (entwässernde) Therapie durchzuführen. Gleiches gilt für Flüssigkeitszufuhr, wenn der alte Mensch einfach nicht genug getrunken hat. Eine Infusion s.c. (subcutan = unter die Haut) kann sowohl in einem Alters- oder Pflegeheim verabreicht werden, wie auch (bei entsprechender Organisation) zuhause.
Egal ob der alte Mensch Risken und Gefahren kennt, die mit einem Krankenhausaufenthalt in Verbindung stehen, oder ob er sie nur erahnt und deshalb nicht ins Spital gebracht werden dem Arzt die Verantwortung abnehmen soll, aber den Willen des Patienten nicht respektiert.
Tipp: vgl. Wünsche an Ärzte